In der Presse

DIE WELT

Straßenkampf der Künste in Manhattan

Das Acrobatical „China Girl“ verlegt die Geschichte von „Romeo & Julia“ zu den Hitsvon David Bowie nach Lower Manhattan und ins 21. Jahrhundert. Der bezaubernde Mix aus Spitzenakrobatik, Artistik, Tanz und Gesang begeisterte das Publikum im First Stage Theater. 

Ihre bedingungslose Liebe inspiriert die Menschen seit 1597. „Romeo und Julia“ von William Shakespeare sind unsterblich und manifestieren sich in immer neuen Fassungen. Die erfolgreichste Verkörperung im 20. Jahrhundert erfuhren sie in der „West Side Story“ von Leonard Bernstein. Doch heute könnte die Geschichte in New York City genauso gut etwas weiter südlich spielen. Wie zwei Tetris-Steine grenzen Little Italy und das südlich sowie östlich gelegene Chinatown in Manhattan aneinander.

Gen Norden trennt die Canal Street das chinesische Viertel vom südlichen Europa, gen Westen traditionell die Mott Street. Diesen Schauplatz hat Regisseur Raoul Schoregge für seine neue Fassung von Shakespeares Liebestragödie gewählt, die er nun im Acrobatical „China Girl“ mit dem Chinesischen Nationalcircus auf ungewöhliche Weise erzählt: in einem Reigen komischer, akrobatischer, artistischer Showacts erzählt. Live begleitet wird das verblüffende Fest der Jongleure und Schlangenmädchen, der Kraftmenschen und Equilibristen von Tanz, Gesang und Musik. In deren Zentrum stehen die Songs von David Bowie, dessen Songtitel der Show den Namen gab.

Das Konzept erweist sich als rund und stimmig. Die Show mit 22 fantastischen Artisten, Sängerinnen und Sängern, Tänzerinnen und Tänzer sowie einer beseelten Live-Band vom Orchester der Kulturen feierte im Altonaer First Stage Theater am Freitag ihre umjubelte, ausverkaufte Premiere, das Publikum erhob sich zu Standing Ovations. Selbst jene, die mit der Anspruchshaltung „verblüffe mich“ in diese Show gehen, werden nicht enttäuscht.

Und die neu arrangierten Songs von Bowie, Iggy Pop und anderen liefern in ungewöhnlicher Instrumentierung einen wichtigen Baustein zum Erfolg.

Live-Band mit Kora und Erhu

Pianist Adrian Werum, hier am E-Piano, gründete das Orchester der Kulturen. Debora Vilchez aus Peru spielt Schlagzeug und singt. Kandara Diabata aus dem Senegal zupft die „afrikanische Harfe“, die Kora. Und Chiao Hua Chang aus Taiwan streicht mit Leib und Seele die Erhu, eine zweisaitige Röhrenspießlaute, die in der Live-Band die Funktion der Streichersektion übernimmt. So lassen sich Bowies Hits wie „Lazarus“, „Space Oddity“, „China Girl“, „Heroes“, oder „This is Not America“ neu erfahren und beleben das Bühnengeschehen. Gesungen werden die Songs von der Tanz- und Gesangstruppe, in der fünf Absolventen der Stage School auftreten, zu deren Kosmos das First Stage Theater zählt.

Im ersten Teil lässt Schoregge sich Zeit für den Spannungsaufbau, führt neben den begnadeten Körpern mit viel Sinn für Ausgewogenheit und Fingerspitzengefühl das dramatische Prinzip des Abends ein: die konkurrierenden Familien und ihre Freunde stehen auf den Straßen der Viertel, die zum Schauplatz artistischer Wettstreite zwischen Italienern und Chinesen werden. Zwei weitere Charaktere werden eingeführt: Ein Clown als New Yorker Streifenpolizist und ein katholischer Priester. Die beiden versuchen, jeder auf seine Weise, den Frieden zwischen den Vierteln zu wahren, wobei sie ebenfalls miteinander in einem zärtlichen Konkurrenzverhältnis stehen. Überhaupt lösen sich sämtliche Konflikte in „China Girl“ bis zum fatalen finalen Fight, der a la Romeo und Julia mit drei Toten endet, in überraschend zärtlichen oder komischen Konstellationen friedlich auf.

New Yorker Polizist wird zum Clown Regisseur Schoregge, der sich als Clown Corregio im Circus Krone und im Circus Sarrasani einen Namen gemacht hat, spielt den leicht überforderten Polizisten a la bonheur. Im Zusammenspiel mit dem Leiter-Artisten Kames Diacoyannis als Priester, der sowohl das Gerät mit sieben, als auch jenes mit acht Sprossen meisterhaft beherrscht oder auch in der Interaktion mit dem Publikum zieht er alle Register der Clownerie und des Clownesken. Seine großen Nummern sind Highlights des Programms, wenn er im zweiten Teil zu großer Form aufläuft. Ebenfalls fantastisch: Die Choreografin und Kartenkünstlerin Quing Quing Sun, die den Tänzen in Lower Manhattan chinesisches Flair verleiht, selbst wenn die Musik von Bowie stammt.

Julia heißt in dieser Erzählung Dau Dau und stammt aus Chinatown. Gespielt, getanzt und geturnt wird sie vom japanischen Schlangenmädchen Arisa Meguro, deren Kontorsionsakte Überlegungen zur Dehnbarkeit von Sehnen und der Wirkung vieler Muskeln erzwingen, von deren Existenz Nichtartisten bislang nichts ahnten. Ihr Romeo heißt Roberto (Norbert Bunker-Whitney), wohnt gegenüber in Little Italy und balanciert und jongliert, dass es eine Freude ist. Reifen wirft er nicht nur vom wackelnden rechten aufs linke Ohr, sondern auch im halben Dutzend gleichzeitig durch die Gegend, ohne dass sie auf den Boden fallen.

Drei Kraftprotze aus Little Italy

Als italienische Supergang glänzen insbesondere die drei muskelbepackten Messoudi-Brothers aus Australien. Yassin, Sofien und Karim bauen nicht nur fragile Pyramiden aus ihren Körpern, sondern sorgen mit ihrer Keulen-Jonglage für einen der Höhepunkte des Abends. Während Sofien und Karim einander ununterbrochen Keulen zuwerfen, ziehen sie Hemd, Hose und Schuhe aus, um sie ungerührt zu tauschen und wieder anzuziehen. Da wird nicht nur ihnen, sondern auch den Zuschauern schwindelig vom Zusehen. Außerdem machen sie nochmal klar, warum Hosen in New York nicht „trousers“, sondern „pants“ (vom italienischen Pantaloni) heißen.

Die chinesischen Gegner müssen sich keineswegs verstecken. Wang Xiang Yang, Wang Hao und Dongsheng Li steuern perfekt gestaltete klassische Nummern bei, die sie mit persönlichen i-Tüpfelchen versehen, ganz gleich, ob sie balancieren, tanzen, mit Hüten jonglieren, Diabolos schleudern oder wie Wang Xiang Yang einen Stapel von 15 Holzbänken auf der Stirn balancieren. Yuri Nishi, Ziyan Shi und Xiaolin Gong schweben, jonglieren, tanzen und turnen mit Anmut und Eleganz in einer rauen Welt der Straßengangs, wie Julia hin- und hergerissen zwischen der jahrtausendealten chinesischen Tradition und den Möglichkeiten des amerikanischen Traums in New York, nach dem sich jeder Mensch selbst neu erfinden darf und sein Glück auf seine Weise machen.

Hoffnung auf eine friedliche Welt

Auf die Eskalation zwei Toten und der Rache an Roberto, der hier einem Pfeil aus dem Hinterhalt zum Opfer fällt, folgt die Versöhnung der Clans. Ihm gebe das internationale Ensemble, in dem Künstler aus aller Welt als Team zusammenarbeiten, weiter Hoffnung auf eine friedliche, erklärte Regisseur Raoul Schoregge in einem kurzen Schlusswort. Das war nach diesem Abend leicht nachvollziehbar.

Aus der „WELT“ 27. Januar 2024

STUTTGARTER NACHRICHTEN

Unterhaltung mit Schwung, Humor, Ironie und Tiefsinn

Der Schauspieler Walter Sittler und das Orchester der Kulturen haben im Renitenztheater in Stuttgart ein etwas anderes Neujahrskonzert gestaltet.

Der Auftritt: ungeordnet, ungeplant. Nacheinander kommt man auf die Bühne. Doch wohin bloß mit dem Alphorn, wenn es dem Vorleser nicht in den Rücken fahren soll? Das ungewöhnliche Ensemble hat kein Anfangsritual. Selbst als der Protagonist des Abends, der Schauspieler Walter Sittler, sich gemeinsam mit den Musikern des Orchesters der Kulturen verbeugen will, klappt das nicht wirklich.

Tatsächlich ist all dies ist stimmig, denn an diesem Dreikönigsabend, beim „anderen Neujahrskonzert“ im Renitenztheater, geht es nicht um Konformität. Sondern im Gegenteil um ein lebendiges Miteinander von Kontrasten, die sich gegenseitig inspirieren und vorantreiben.

Zu hören sind Gedichte und Prosa, und zu hören ist Musik, die Unterschiedliches zusammenbringt: deutsche Volkslieder und afrikanische Gesangsimprovisation, türkische Baglama, E-Gitarren und Hackbrett, Violine, Bass und Kora, Flöten, Trompete und Beatbox.

Sittler rezitiert Goethe und Hesse

Das Ergebnis ist beste Unterhaltung mit Schwung, Humor, Ironie und Tiefsinn. Die beginnt schon bei „Ein Jäger aus Kurpfalz“ sehr funky. Der am Flügel sitzende Orchestergründer und -leiter Adrian Werum ist für die Arrangements des Abends verantwortlich, und bei ihm klingt die Jägerei so lustig und so kreativ, dass keinerlei Sehnsucht nach der Walzerseligkeit traditioneller Neujahrskonzerte aufkommt. Später macht das Orchester aus Bachs C-Dur-Präludium eine Popballade mit Groove (und ein paar hübschen Kitschecken), bei „Im schönsten Wiesengrunde“ gibt das Alphorn den Ton an, die „Schwäb’sche Eisenbahn“ ist international unterwegs und erlebt überdies in der Zugabeals eine Art Orientexpress eine launige Reinkarnation.

„Sehet, das Neue findet uns neu“, rezitiert Walter Sittler aus Goethes Gedicht „Zum neuen Jahr“. Und dann, natürlich: „Allem Anfang wohnt ein Zauber inne“ – „Stufen“ von Hermann Hesse. „Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen“:

Auch das steht in diesem Gedicht, und auch das passt zu diesem Abend, der den Übergang feiert und dazu auffordert, aus den Nischen herauszukommen und gemeinsam zu lauschen, zu feiern, zu leben.

Grausiges schildert er als nüchterner Beobachter

Sittlers Vortrag hat eine Leichtigkeit, Schnörkellosigkeit und Nonchalance, mit der er das Publikum im Sturm erobert. Ganz besonders bei Prosatexten, über die er weite Bögen spannt. Hebels „Kannitverstan“ gehört zu ihnen. Und Andersens Märchen vom kleinen Mädchen mit den Schwefelhölzern: Das rührt hier gerade deshalb sehr tief, weil Sittler nichts Sentimentales hineingibt. Den grausigen Erfrierungstod schildert er als nüchterner Beobachter – wie einer von denen, die am Leid vorbeischlendern, als ginge es sie gar nichts an.

Ganz still wird es im Saal, als Walter Sittler Liedtexte vorträgt. „Das Glück sollte sich sanft verhalten, es soll mein Schicksal mit Liebe verwalten“: Zum Text von Hildegard Knefs „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ streut Adrian Werum am Flügel die Melodie des Schlagers ein – einer der berührendsten Momente des Abends.

Klar, dass dieser nicht nur mit dem Neujahrsstück aller Neujahrstücke endet, also Beethovens „Ode an die Freude“, sondern dass er das „Alle Menschen werden Brüder“ außerdem als Hymne an die klangliche und kulturelle Vielfalt präsentiert.

Die einzige Frau im Orchester sorgt (spanisch) singend dafür, dass den Brüdern in Schillers berühmter Ode nun eine starke Schwester an der Seite steht.

Und am Ende bleiben Zeilen aus Mascha Kalékos Gedicht „Rezept“ im Herzen kleben. „Jage die Ängste fort und die Angst vor den Ängsten.“ Was für ein Abend!

Aus dem „Stuttgarter Nachrichten“ 7. Januar 2024

STUTTGARTER ZEITUNG

MUSIKALISCHE ZÜNDKERZEN

Vom Jugendhaus Mitte auf die größten Konzertbühnen der Welt. Die unglaubliche Geschichte des Stuttgarter „Orchesters der Kulturen“

Stuttgart- Als das Stuttgarter „Orchester der Kulturen“ zu seiner ersten Probe im März 2010 im Jugendhaus Mitte zusammenkam, ahnte wohl keiner der Beteiligten, daß man eines Tages einen Plattenvertrag bei Universal Music, der größten Plattenfirma der Welt, haben würde.

Stattdessen wunderte sich Kandara Diebate, Musiker & Sänger aus dem Senegal, der die 21-saitige Kora spielt, wie weit es wirklich her sei mit der vielgerühmten Pünktlichkeit der Deutschen.

Während er pünktlich um 10 Uhr an seinem Platz saß, bekam der musikalische Leiter Adrian Werum gerade eine Nachricht, daß die ganze Rhythmusgruppe noch in Georgien sei, da man sich um einen ganzen Tag in den Proben vertan hatte.

Man machte das Beste daraus und so gab es mehr Zeit, noch nie gesehene Instrumente zu bewundern:

die brasilianische Berimbau, die einem indianischen Pfeil und Bogen ähnelt. Dann die chinesische Erhu, ein zweisaitiges Streichinstrument, das aus Schlangenhaut gebaut wird, und noch viele, viele mehr.

Als der Dirigent dann das Zeichen zum Einsatz gab, merkte man, daß die europäische Zeichengebung nicht allen bekannt war. Doch noch viel abenteuerlicher war, daß beileibe nicht alle nach Noten spielten, sondern Ihre eigene freie Art des Musizierens in ein bald zu über 40 Musikern angewachsenen Klangkörper einbrachten.

Doch man wuchs schnell zusammen und bald schon lud der SWR zu Aufnahmen in die Emmerich-Smola-Studios nach Kaiserslautern.

Weitere Anerkennung kam in Form des Manfred-Rommel-Preises des Deutsch-Türkischen Forums und künstlerische Erfolge mit mehreren Alben auf Platz 1 der Deutschen Klassikcharts zusammen mit dem Crossover Tenor Jay Alexander.

Daß so ein riesiges multikulturelles Ensemble sich seine Spontaneität durch die Jahre bewahrte, merkte man spätestens, als Regine Sixt, die Mitinhaberin der Mietwagenfirma SIXT SE, den Musikalischen Leiter  anrief und eine neue Sinfonie für das in 8 Wochen bevorstehende Firmenjubiläum in Auftrag gab.

Adrian Werum sagte gleich zu, was Frau Sixt doch etwas verdächtig war. So testete Sie Ihn: „Hector Berlioz hat 2 Jahre gebraucht, um die Symphonie fantastique zu schreiben. Das schaffen Sie doch nie!“

Das Orchester der Kulturen nahm die Herausforderung an und 8 Wochen später wurde die SIXT Symphony zu großer Publikumsbegeisterung uraufgeführt.

2020, als die Welt fast stillstand, tat sich das Orchester der Kulturen dann mit dem Philharmonia-Chor Stuttgart, Jay Alexander und vielen weiteren internationale Gästen zusammen, um seine 10-Jahres Jubiläums CD „A World Symphony“ zu produzieren.

In Studios in Sindelfingen, Heidelberg, Baden-Baden, Rom, St. Petersburg und Beirut entstand so ein absolutes Meisterwerk, das durch Opulenz, wunderbare Klangfarben und erfrischende wie eingängige Melodien überzeugt. Das Release-Konzert kann nun endlich dieses Jahr stattfinden.

So reiht sich das „Orchester der Kulturen“ in die schier endlose Reihe weltbewegender Erfindungen aus der Region Stuttgart ein:

Ein Ensemble mit über 40 musikalischen Zündkerzen.

RHEINPFALZ

Wenn Kreise sich schließen

Eisenberg: Kreismusikschule feiert 30-jähriges Bestehen mit Jubiläumskonzert – Sinfonie von Adrian Werum als Höhepunkt

Zum 20. Jubiläum der Kreismusikschule (KMS) war es der Komponist Rolf Rudin, der die Hymne – die Orchesterfantasie „Die Tore der Sonne“ – geschrieben hat. Diesmal, beim 30., wird es wieder eine Welturaufführung geben. Eine, mit der sich viele Kreise schließen werden. Das Jubiläumskonzert wird am 22. September in Eisenberg gespielt.

Nun ist es Adrian Werum, ein international ebenfalls erfolgreicher Komponist, Arrangeur und Dirigent, der Musik aus eigener Feder beisteuert zum Festanlass: eine dreisätzige „Donnersberger Sinfonie“. Gespielt wird sie vom Sinfonischen Blasorchester Donnersberg, dem jungen Auswahlorchester des Musikkreises Donnersberg, wie die Leiterin der KMS, Jolanthe Seidel-Zimmermann, ankündigt.

Werum? Ja, da klingt etwas an, was mit der Geschichte der Kreismusikschule eng zusammenhängt. Denn deren erster hauptamtlicher Leiter war Werner Werum – der Vater von Adrian Werum. Werner Werum, der im letzten Jahr verstorben ist, leitete die KMS von 1988 bis 2002. Er startete die Kooperation mit Musik- und Gesangvereinen, baute die musikalische Früherziehung aus und bescherte der KMS Höchststände bei den Schülerzahlen – mit 1850 Schülern gehörte sie zu Werums Zeiten zu den größten in Rheinland-Pfalz. Heute unterrichten rund 64 Honorarkräfte etwa 800 Schüler, so Seidel-Zimmermann. Geschuldet sei das der Tatsache, dass das Geld nicht mehr so locker in der Tasche sitze, private Musikschulen hinzugekommen und nicht zuletzt die Kinderzahlen zurückgegangen seien.
„Er war sofort dazu bereit“, freut sich Seidel-Zimmermann, die auch das Ensemble „Blaues Haus“ leitet, über die Aufgeschlossenheit Adrian Werums. Sie fühlt sich zugleich erinnert an eine frühe Produktion der KMS aus deren ersten Jahren, „Bastien und Bastienne“, ein Singspiel, geschrieben vom zwölfjährigen Mozart. Sie selbst hatte die kleine Oper zur Aufführung gebracht. Und am Klavier habe damals eben jener Adrian Werum gesessen, der nun den Landkreis, in dem sein Vater gewirkt hat, als Komponist in den Fokus nimmt. So schließt sich ein Kreis. Der Jubiläums-Beitrag von Adrian Werum, der in Stuttgart lebt, wenn er nicht in New York, Seoul oder Zürich an Musikproduktionen arbeitet, sei ihr besonders wichtig, so Jolanthe Seidel-Zimmermann.
„Erstmal geht es darum, einen lokalen Bezug herzustellen“, erzählt der 49-jährige Werum, wie er sich der Aufgabe angenähert hat. Rudin fand seinerzeit den lokalen Bezug in den Kelten. Adrian Werum aber griff zurück zu einer Volksliedsammlung, die sein Vater noch herausgegeben hatte. „In zwei Sätzen“, so der Komponist, „verwende ich alte Volkslieder“. Mit denen sind der erste und der dritte Satz der Sinfonie auch übertitelt. Der erste Satz heißt „Der Herr von Falkenstein“, der dritte „Horch, was geht im Schlosse vor“. Seine Musiksprache in dieser Sinfonie beschreibt Werum als traditionell klassisch, wobei auch „gewisse Sachen aus dem 20. Jahrhundert Eingang finden“. Eingearbeitet habe er auch Anklänge an frühere Musikkulturen, an Musik des Mittelalters oder der Renaissance.
Ein Kreis schließt sich nicht zuletzt für Jolanthe Seidel-Zimmermann persönlich, wenn auch noch nicht am 22. September. Aber im Frühjahr 2019 wird die Danzigerin, die seit 1986 hier Gesang unterrichtet, der KMS seit Gründung angehört und 2004 ihre Leitung übernahm, in Ruhestand gehen und damit die Leitung abgeben, auch den Gesangsunterricht – die Familie soll für sie dann in den Vordergrund treten. Ihre Nachfolge sei noch nicht geregelt. „Man soll gehen, wenn es am schönsten ist“, meint sie.
Nun aber wird erstmal gefeiert. Im Evangelischen Gemeindehaus in Eisenberg wird dafür am 22. September die Bühne bereitet, auf der ab 18 Uhr eine Fülle von Interpreten und Ensembles das Jubiläumskonzert bestreiten. Der Kinderchor S(w)inging Kids wird den Abend eröffnen, daran schließen sich Beiträge von Galina Rüb (Klavier) und Jeremia Teurer an – der zweite Bundessieger bei „Jugend musiziert“ wird am Kontrabass wie mit der Blockflöte sein Können unter Beweis stellen. Nach dem Streichorchester Alba und dem Akkordeonorchester Keiper gehört der Schlussakkord dem Sinfonischen Blasorchester Donnersberg mit der „Donnersberger Sinfonie“.

 

Aus der „Rheinpfalz“ 14.September 2018

SCHWARZWÄLDER BOTE

Gefahr: Lebensraum der Sprödlinge bedroht

Musical: Kinder spielen Theater für den Förderverein der Grundschule im Kreuzerfeld / Hochkarätige Unterstützung

Dreimal ausverkauftes Haus – die 320 Schüler und Schülerinnen der Grundschule im Kreuzerfeld können stolz sein, was sie gemeinsam mit dem Lehrerkollegium und den Eltern auf die Beine gestellt haben.

Denn seit dem Beginn des neuen Schuljahres wurde in der Grundschule fleißig das Kindermusical „Rocko und das Herz aus Stein“ geprobt.

Am Donnerstagabend hatte das Stück seine umjubelte Premiere in der Festhalle, gestern folgten noch einmal zwei Vorstellungen für Rottenburger Schulen und die Bevölkerung.

Adrian Werum komponierte und textete das Musical gemeinsam mit Hanna Zielke und Klaus Abeldt. Die Geschichte rund um den kleinen Rocko, der in der Schule ein kleiner Haudegen ist und nun zu den Großeltern kommt, rührt ans Herz und mahnt ohne erhobenen Zeigefinger den Naturschutz an.

Denn in dem vielleicht indischen oder arabischen Ort, in dem die Großeltern leben, wird viel Wald für den Straßenbau gerodet – ein Thema, das weltweit auf den Nägeln brennt. Rocko kann mit der Hilfe der elfenartigen „Sprödlinge“ verhindern, dass noch mehr Bäume gefällt werden und erreicht so, dass die Natur geschont wird und die Sprödlinge ihren Lebensraum behalten können.

Aufwändige Kostüme und toll einstudierte Songs und Texte machten die Aufführungen zum regelrechten Hingucker und einem schönen Theatererlebnis. Für die Kostüme zeichnete Kerstin Blümle verantwortlich, zudem oblag ihr auch die Künstlerische Gestaltung. Klaus Abeldt war zuständig für das Theater, Hanna Zielke studierte das Musical gemeinsam mit den Schülern ein.

Adrian Werum oblag die Bandleitung, er war auch am Klavier zu hören. Wolfgang Reichert spielte Cello und Kontrabass, Christoph Eschenfelder besorgte die Percussion und an der Querflöte war Viktoria Eschenfelder zu hören. Nicolas Achilles (Percussion) und Rüdiger Ruf an der Trompete vervollständigten die Band.

Tor der Weisheit muss passiert werden

Rocko (gespielt von Oleander Eschenfelder und Laura Walter) sucht gemeinsam mit den Sprödlingen, allen voran der Sprödlingselfe Aisuluu, das rote Herz, welches einstmals in einem heiligen Baum schlug und so das Miteinander von Menschen und Sprödlingen beförderte und schützte. Aisuluu (Sarah Kirstgen und Amelie Peschel) weiß auch, wo sich das rote Herz befindet: Auf dem Grunde eines tiefen Sees.

Zuvor muss Rocko noch das Tor der Weisheit passieren, und ein Rätsel rund um das schlagende Herz lösen. Er findet die Antwort heraus, und schwimmt oder schnorchelt durch den tiefen See. Was er findet, ist ein steinernes Herz. Als er es mit Aisuluu und den Sprödlingen (Amelie Peschel, Leonie Bauer, Amina Sabir, Milena Romano, Ida Lensch und Jana Konovodov) in den heiligen Baum einsetzt, beginnt es mit der Unterstützung der anwesenden Kinderschar zu schlagen.

Die Sprödlinge sind also gerettet. Und sie klauen nun den Menschen auch keine Sachen mehr, sondern wollen friedlich mit ihnen leben.

Als Rockos Mutter brillierte Michelle Lauer, Rockos Vater wird von Oliver Voigt gespielt. In weiteren Rollen brillierten: Laura Geiger, Edanur Karagöz, Chiara Sancarlo, Isabella Ciccomascolo, Jenny Do, Gloria Papailia und Renginaz Oztürk.

Komponist bereits mehrfach ausgezeichnet

Die Theater- und Musicalproduktion entstand mit der Unterstützung von Sabine Niethammer vom Theater Hammerschmiede. Die Musicalwerkstatt unterstützte das Musicalprojekt. Für Licht und Ton sorgte Daniel Schneider, die grafische Umsetzung oblag Isabell Vielgas und Stefanie Lupo.

Der Komponist Adrian Werum wurde bereits mehrfach für seine Kompositionen ausgezeichnet. Er gründete auch das „Orchester der Kulturen“ im Stuttgarter Rosensteinviertel. Als musikalischer Leiter arbeitete er unter anderem für Anna-Maria Kaufmann und Marshall & Alexander.

Aus dem „Schwarzwälder Boten“ 3. April 2018

KREISZEITUNG

Uraufführung vor traumhafter Kulisse

Sindelfinger Wassermusik am Klostersee: Großer Projektchor und das Orchester der Kulturen haben die „Misa Latina“ präsentiert

Mediterranes Flair verströmte die Sindelfinger Wassermusik am Samstag. An diesem wunderbaren Sommerabend strömten geschätzt an die 3000 Besucher an den Klostersee, um eine Uraufführung auf der Wasserbühne zu erleben.
Rund 100 Sänger und ein buntes Orchester präsentierten opulente Weltmusik.

Von Robert Krülle

SINDELFINGEN. Seit dem Stadtjubiläum 2013 gehört der Stuttgarter Komponist und Diri- gent Adrian Werum quasi zur Sindelfinger Kulturszene. Bei diversen Großprojekten und Musical-Projekten war er federführend beteiligt. Nun hat er gemeinsam mit dem ecuadorianischen Musiker Christian Mejia die „Misa Latina“ komponiert und die Ur- aufführung am Samstag auf der schwim- menden Bühne am Klostersee geleitet.

Bereits optisch beeindruckte allein der rund 100-köpfige Chor, der sich aus Mitglie- dern des Chors der Kulturen, des Sindelfin- ger Kinder- und Jugendchors, der Cappella Nuova und den Kirchen-Pop-Stimmen von Exsample zusammensetzte. Das Orchester der Kulturen – gegründet und geleitet von Adrian Werum – verfügt über einen kom- pletten Streichersatz, einige klassische Blä- ser und die Rhythmusgruppe sowie über In- strumente aus dem orientalischen Raum wie zum Beispiel die Langhalslaute Saz.

In der „Misa Latina“ wollen die Kom- ponisten verschiedene Kulturen vereinen. Das elfteilige Werk lebt von lateinamerika- nischen Rhythmen und Klängen, die durch klassische, jazzige und poppige Elemente angereichert werden. Immer wieder treten unterschiedliche Solosänger hinzu: Der Syrer Mohammad Habbal, die Peruanerin De- bora Vilchez, die Kubanerin Jaqueline Cas- tellanos und die Deutsche Cornelia Lanz bringen Gesangsstile aus aller Welt ein. Was besonders spannend klingt, wenn sie mit dem Orchesterklang brechen. Zum Beispiel bei dem Stück „Viracocha“, als Lanz’ Opernstimme auf kubanische Sounds der Instrumentalisten trifft.

Auch wenn die gemeinsame Vorberei- tungszeit von Chor und Orchester sicher nicht besonders umfangreich war, klappte das Zusammenwirken tadellos – ein großer Verdienst der Dirigenten Adrian Werum und Daniel Tepper. Vor allem der Sindelfinger Kantor war mächtig gefordert, stand er doch zwischen den Ensembles und mit dem Rücken zu Werum. Immer wieder spickte Tepper über die Schulter nach hinten, um die Bewegungen des Kollegen zu erhaschen.

Bei „Großer Gott“ im Dreier-Takt legen sich die Chorstimmen beruhigend über den flatternden Rhythmus, bei „Ave Werum“ (eigentlich „Ave verum“) ergänzen sich Chor, Orchester und Solisten nahezu opti- mal. Und dieses stimmige Miteinander passt zur Intention der Komponisten dieses multi- kulturellen Werks. „Wir glauben, dass die Welt in diesen schwierigen Zeiten eine neue Spiritualität braucht, die auf allen Kulturen aufbaut“, verkündet Adrian Werum vor dem abschließenden „Spirit of one“-Song.

Doch klanglich ist auch Kritik angebracht: Trotz der enormen Bandbreite an musikalischen Stilen und Instrumenten hallen vor allem die dichten Streichersätze nach – und das nicht unbedingt positiv. Denn allzu oft überlagert die vielköpfige Streichergruppe die feineren Rhythmen und subtileren Strukturen der Komposition, sie dominiert den Gesamteindruck. Die exoti- scheren Instrumente dürften hier durchaus mehr Raum bekommen, genauso wie dynamisch variablere Abschnitte.

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