Nutella & Philosophie

Die Philosophie des letzten Nutellaglases

ADRIAN

awerum

10/23/20212 min read

Ich  lese immer wieder in kleinen Abschnitten Rüdiger Safranski und sein Buch über Heidegger „Ein Meister aus Deutschland“ ( Ich gestehe , Ich hätte bei dem Titel zuerst an Richard Wagner gedacht ), nachdem ich bei Heideggers Hauptwerk „Sein und Zeit“ durch diese bemühte Objektivität in der Sprachgestaltung bald ermüdet. 

Gerade bin ich bei Heideggers Wechsel nach „Sein und Zeit“ in eine Metaphysik des Engagements, um den Abgrund der Angst aus der menschlichen Existenz zu lösen. Zumindest verstehe ich es so. Unwillkürlich kommen mir Assoziationen aus meinem eigenen Leben in den Sinn: Angst hat man im Leben natürlich immer wieder, vor schwierigen Entscheidungen, Gefährdung der eigenen Existenz und vieles mehr, was immer recht konkret an bestimmte Situationen gebunden ist. Angst im Sinne einer vollkommenen Leere, eines nicht aufhörenden Abgrundes ist mir persönlich am ehesten in Gestalt bestimmter Menschen begegnet, die, und hier wird es spannend, eine sie selbst überragende Grundangst vor dem Leben schlechthin haben, mit allem was dazu gehört und es eigentlich meiner Ansicht nach, erst wirklich schön macht: Liebe, Gefühle, Bindungen, Begegnungen und Genuss des Moments in seiner Allumfassendheit und Größe. Oft habe ich erlebt, dass diese Menschen sich fast panikartig ständig an Jemanden oder Etwas klammern, aus schierer Verzweiflung in das Nichts ihrer eigenen Hülle zu fallen, da sie sich vermutlich schon darüber bewußt sind, daß Sie eigentlich nichts wirklich auf dieser Welt hält, da sie ständig vor dem Wertvollen des Menschseins davonrennen. 

In dieses Nichts habe ich öfter geschaut. Es ist kein schöner Anblick. Es ist ein nach unten ziehender Strudel des Vakuums, in dem es keine Werte gibt. Ich spürte dann selbst dieses flaue Gefühl im Magen vor diesem praktischen Nihilismus der verzweifelten menschlichen Existenz. Um nicht in diesem Nichts zu verschwinden, muss der Betreffende eine ständige Geschäftigkeit an den Tag legen, die ihn seine Leere nicht spüren lässt. Sein Partner muß ihn halten, oder es gibt eine Sucht nach starken körperlichen Erfahrungen von Extremsport bis hin zu Selbstverstümmelung. Allem dem zugrunde liegt eine unfaßbare Angst zu leben, zu leben als Mensch, der sich traut zu lieben, der weiß, dass auch Ablehnung ihn nicht umbringt, als Mensch, der sich traut ins Leben sich zu stürzen mit seinem Mut , mit seiner ganzen Person, Persönlichkeit, ja Existenz, ein Mensch, der um die Enttäuschungen des Lebens weiß, der vor allem weiß, dass ohne den Mut, sich der Enttäuschung zu stellen, ein wahrhaft wertvolles Leben nicht gelebt werden kann.

Nur durch die vollkommene Lebensbejahung kann das Leid und der Schmerz überwunden werden, oder noch viel wichtiger: nur dadurch kann die menschliche Unzulänglichkeit überwunden werden , religiös gesprochen nur dadurch entsteht Erlösung

Nur durch vollkommene Lebensbejahung in jedem Moment kann das Leben und seine Endlichkeit überwunden werden.
Indem ich mich auf das Endlichste 100% einlasse, entsteht die Unendlichkeit beziehungsweise  metaphysisch ausgedrückt die Unsterblichkeit….

Für mich das schönste Bild ist dafür der letzte Moment des Lebens: 

Idealerweise im Kreise der Familie und Freunde reicht man dem Sterbenden ein jungfräulich ungeöffnetes Nutellaglas. Die letzte Handlung auf Erden ist dann das Drehen des Schraubverschlusses nach rechts, das Heben in der Drehung, das Ablegen auf Eichendorffs Gedichten oder einem ähnlich erbauenden Buch, das Ergreifen eines kleinen, scharfen Messers, das Durchstechen der strahlenden Goldhülle, das Aufreißen der selben, das Durchstoßen der ruhig daliegenden Schokoladenmasse und schließlich der Geschmack auf der Zunge, wie sie genüsslich sich mit der Nutella auf der Messerspitze verbindet. 

Noch ein seliges Lächeln in die Runde der Freunde & Familie .. und das war’s .. das Geheimnis des Lebens Glückseligkeit.